von Norman Schmid – 30.3.2023-

Der Schwindel der CO2-Kompensation beim Fliegen


Ist CO2-Kompensation wirkungsvoll und sozial gerecht?

Interview in "Die Furche"

Die Lust am Reisen

Die Lust am Reisen ist nach den Covid-Jahren wieder zurück. Viele freuen sich auf unbeschwerte Urlaube in fernen Ländern. Andererseits ist vielen bewusst, dass Flugreisen die klimaschädlichste Art des Reisens sind. CO2-Kompensationen versprechen ein ruhiges Klima-Gewissen. Aber können die Versprechungen gehalten werden? Im Interview mit „Die Furche“ diskutiert Norman Schmid die Problematiken der CO2-Kompensation.

Der Schwindel der CO2 Kompensation

Viele Airlines bieten bereits bei der Buchung die Möglichkeit der CO2-Kompensation an. Bei einem Flug von Wien nach Madrid mit 868 Kilogramm CO2 werden zwanzig Euro als Kompensation angeboten. Eigentlich ein Schnäppchen. Aber sind die Kompensationsprojekte geeignet, entsprechend CO2 zu binden?

Dazu haben die deutsche Zeitung Die Zeit und der brititsche The Guardian recherchiert, dass „zahlreiche Klimaschutzprojekte keinerlei Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.“ (Die Furche, 22.2.2023) Ebenso ist es für die Verbraucher meist undurchsichtig, was mit den Kompenstationszahlungen passiert. So werden auch Aufforstungsprojekte unterstützt, die auch ohne Kompensationszahlung durchgeführt worden wären. Das ist zwar ein netter Zugewinn für den Forstbetrieb und den Kompensations-Anbieter, aber kein Gewinn für das Klima.

Eine Frage der Moral?

Zur fraglichen Wirksamkeit der Kompensation stellt sich die Frage, ob die CO2-Kompensation zu einer Verhaltensänderung hin zu umweltfreundlicher Mobilität führt.  
„Der Umweltpsychologe Norman Schmid hält es jedoch eher für unwahrscheinlich, dass allein die Möglichkeit zur Kompensation eine Änderung im Mobilitätsverhalten mit sich bringt. „Viele beruhigen damit einfach ihr Gewissen“, sagt Schmid. Sogar ein Reboundeffekt könne sich einstellen: Weil Emissionen ohnehin ausgeglichen werden können, fliegen manche Menschen noch mehr. Schmid bezweifelt darüber hinaus, dass die Idee eines finanziellen Ausgleichs für den persönlichen CO2-Ausstoß sozial gerecht sei. „Die, die es sich leicht leisten können, zahlen ihre Beiträge problemlos, zusätzlich produzieren sie mit ihrem Lebensstil insgesamt oft mehr Emissionen als ein Gerinverdiener, der einmal einen Urlaub in Griechenland macht.“ (Die Furche, 28.2.2023)

Lösungen

Der Ausweg aus der Problematik ist die radikale Einschränkung von Flugreisen. Nur mehr jene zu unternehmen, die beruflich tatsächlich notwendig sind bzw. Flugreisen wieder als das zu sehen, was sie sind: ein Luxus, den man sich nur alle paar Jahre gönnt. In diesen Fällen ist auch eine (seriöse) Kompensation sinnvoll.

„Wichtig sei jedoch vor allem ein grunsätzliches Umdenken. Über Jahrzehnte sei Menschen vermittelt worden, dass Fernreisen und Kurztrips mit dem Flieger erstrebenswert und diejenigen arm dran seien, die sich diesen Lebensstil nicht leisten können. … Wir müssen eine neue Norm entwickeln. Es braucht Vorbilder, die zeigen, dass Urlaubsreisen auch mit der Bahn oder dem Fahrrad toll sind“, so Schmid. Mit Verzicht habe das nicht viel zu tun. Mit Mehrwert durch entschleunigtes Reisen hingegen schon.“ (Die Furche, 28.2.2023)

Link: https://www.furche.at/gesellschaft/der-schwindel-der-co2-kompensation-beim-fliegen-10411914