von Norman Schmid - 12. Juli 2022-

Energierevolution jetzt!


Von Volker und Cornela Quaschning

Buchrezension

Antworten auf die Energiekrise

In diesem Buch werden die brennenden Fragen zur großen Energietransformation wissenschaftlich fundiert und praxisnah erörtert. Voker und Cornelia Quaschning widmen sich unter anderem folgenden Themen:
  • Wie kommen wir aus der Klimakrise?
  • Reicht die Energie von Sonne und Wind?
  • Sind Elektroautos wirklich umweltfreundlich?
  • Ist Wasserstoff der Heilsbringer?
  • Was können wir selber tun, auch wenn es uns schwerfällt, unsere Lebensgewohnheiten zu ändern?

Einleitung

Als Einstieg wird das Pariser Klimaziel von einer maximalen Temperatursteigerung von 1,5 – 2,0° C beschrieben und was das für uns bedeutet. „Eine Faustformel sagt: Alle zehn Jahre muss der weltweite Ausstoß der Treibhausgase halbiert werden. Im Jahr 2030 darf nur nur noch halb so viel ausgestoßen werden wie 2020, 2040 dann die Hälfte von 2030. Wenn gemäß diesen Vorgaben die Emissionen schnell sinken, können wir sie in den 2050er Jahren langsam auslaufen lassen. Gelingt uns in den nächsten Jahren diese schnelle Reduktion nicht, muss auch die Welt bereits in den 2040er Jahren vollständig klimaneutral werden. Es kommt also jetzt darauf an, dass die reichen Regionen der Erde wie Nordamerika oder Europa beim Klimaschutz richtig Tempo machen.“ (S. 43)

Photovoltaik

Bei den erneuerbaren Energien sind vor allem Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft und Biomasse von Bedeutung. Erdwärme ist nur in wenigen geeigneten Regionen (Bsp. Island) relevant. Die Autoren bewerten vor allem die Potentiale von Photovoltaik als enorm. Für Deutschland werden 10% des erforderlichen Energiebedarfs angenommen, wenn man die Vielzahl an Dächern von Privathäusern und Industriebetrieben berücksichtigt. „Was dann noch fehlt, müssen wir mit Photovoltaikanlagen auf der gründen Wiese oder auf Feldern errichten. … Um die Klimaneutralität in Deutschland zu erreichen, reicht nur ein kleiner Bruchteil der landwirtschaftlichen Flächen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Photovoltaik und Landwirtschaft zu kombinieren, mit sogenannten Agrar-Photovoltaikanlagen.“ (S. 89)

Als großer Vorteil von Photovoltaik im Vergleich zu Windkraft wird die ästhetische Dimension gesehen – PV-Anlagen wirken sich kaum störend auf das Landschaftsbild aus. Mit geeigneten Speichern ist auch die Angst vor Dunkelflaute kein Thema mehr. „Der Strom aus einer großen Autobatterie würde ausreichen, um ein Einfamilienhaus mehrere Tage komplett mit Strom zu versorgen.“ (S. 93) Mit biderektionalem Laden von E-Autos ergeben sich wertvolle Kombinationspotentiale.

„Wir haben in Deutschland die Potentiale, um uns mit 100 Prozent erneuerbaren Energien selbst zu versorgen, und wir können mit Speichern und Sektorkommplung auch eine Energieversorgung aufbauen, die sicherer ist als unsere heutige.“ (S. 94) Diese Aussage kann auch für Österreich übernommen werden, wobei durch die Wasserkraft und die Pumpspeicherkraftwerke Österreich in einer privilegierteren Position ist als der nördliche Nachbar. Wenn man bedenkt, dass das Buch vor dem Ukraine-Krieg entstanden ist, dann ist die Bedeutung der dezentrale und erneuerbaren Versorgungssicherheit noch viel stärker zu gewichten.

Wasserstoff

Wasserstoff wird von manchen als Heilsbringer der Energiewende gesehen. Die Autoren betonten jedoch, dass Wasserstoff nur für bestimmte begrenzte Bereiche sinnvoll ist, wie Industrie oder Schifffahrt. Zum einen kommt es darauf an, mit welchen Energien Wasserstoff hergestellt wird, wobei nur der grüne Wasserstoff aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. „Bei der Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas wird deutlich mehr Kohlendioxid frei als bei der direkten Verbrennung von Erdgas.“ (S. 122)

„Wasserstoff im Verkehr ist nur selten sinnvoll. Ein Elektroauto mit Batterie kann hocheffizient geladen werden. Die Wirkungsgrade liegen heute in der Größenordnung von 70 bis 80 Prozent, 90 Prozent sind künftigt denkbar.“ Die Verwendung von Ökostrom, z.B. aus der Photovoltaikanlage ist hier selbstverständlich anzustreben. Beim Wasserstoff gibt es hingegen lange Verlustketten, sodaß „beim Wasserstoffauto am Ende nur 25 bis 40 Prozent des urprünglichen Solarstroms als Fahrstrom zur Verfügung stehen.“ (S. 129) „Ein Wasserstoffauto benötigt zwei- bis dreimal so viel erneuerbare Energie wie ein batteriebetriebenes Auto. Darum wird auch der Betrieb auch mindestens doppelt bis dreimal so teuer bleiben.“ (S. 130)

Windkraft

Neben der Photovoltaik sehen die Autoren die Windraft als zweite wichtige Säule der Energietransformation. Der Vorteil der Windkraft ist die Energieproduktion auch im Winterhalbjahr, wenn die PV-Anlagen zuwenig Strom liefern. Für Deutschland sind auf ca. 2% der Landfläche Windkraft-Anlagen erforderlich, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. „79% der Bevölkerung finden die Nutzung und den Ausbau der Windkraft wichtig oder sehr wichtig.“ (S. 234).

Jedoch gibt es Bedenken und Widerstände. Diese betreffen das Landschaftsbild und auch Vorurteile. Hierbei ist der Einfluss auf Vögel zu nennen, was dazu geführt hat, dass Windräder als Vogelkiller bezeichnet wurden. „Zahlen belegen das nicht, weil gar keine Statistik für Vogelkollisionen geführt wird. Ein bis fünf Vögel tötet eine Winkraftanlage nach Schätzungen pro Jahr.“ (S. 237) Jedoch „Katzen und Fensterscheiben töten in Deutschland tausendmal mehr Vögel als Windkraftanlagen.“ (S. 238) Die manchmal geäußerte Sorge von Infraschall, der sich durch die Rotoren negativ auf die Gesundheit auswirken sollte, konnte ebenfalls nicht bestätigt werden. „Die Infraschallbelastung in einem Auto lieg um Größenordnungen über der eines Windparks in sehr geringer Entfernung.“ (S. 235)

Jedenfalls sind neue Ideen gefragt, wie Winkraft-Anlagen umwelt- und menschenfreundlich (betreffend des Landschaftsbildes) installiert werden können. „Wichtig ist es auch, wieder mehr Bürgerenergieprojekte an den Start zu bekommen. Wenn Gemeinden mit ihren Bürgerinnen und Bürgern von den Windparkprojekten vor ihrer Haustür direkt profitieren, lässt sich auch die Akzeptanz dür den für die Klimaneutralität nötigen Windenergiezubau erreichen.“ (S. 243)

Das menschliche Verhalten in der Klimakrise – Angst oder positives Lebensgefühl?

Im letzen Kapitel wird darauf eingegangen, warum das Handeln in der Klimakrise so schwer fällt. Es mangelt weniger am Wissen. „In einer Umfrage der Europäischen Union (2021) gaben 93 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger an, dass für sie der Klimawandel ein ernstes Problem sei, für 79 Prozent soagar ein  sehr ernstes.“ Volker und Cornelia Quaschning gehen einigen Ursachen auf die Spur und orten unbewusste Anteile, Gewohnheiten, kognitive Verzerrungen und Ängste. Dem wird Klimaschutz als postives Lebensgefühl entgegengehalten. „Wenn es uns jetzt noch gelingt, die pleasures, also die Lebensfreude der Energiewende und des Klimaschutzes, zu kommunizieren, dann haben wir das Klima eigentlich schon fast gerettet.“ (S. 274)

Zusammenfassung

Wir können eine dringende Leseempfehlung für „Energierevolution jetzt!“ abgeben. Wenn man angefangen hat zu lesen, kann man kaum mehr aufhören. Die offenen Fragen, die man zuvor hatte, sind dann profunden Antworten gewichen, die dazu motivieren, gleich ins Handeln zu kommen.

Volker und Cornelia Quaschning (2022). Enerigerevolution jetzt! München: Hanser.

Weitere Informationen, Videos und Podcasts nach dem Motto „Heute ist ein guter Tag, um die Welt zu retten.“ auf der Homepage der Autoren:
https://www.volker-quaschning.de/index.php

Rezension von Norman Schmid