von Olivia Schmid - 09. Februar 2022-

Ungleichheit und COVID-19: Wie durch die Pandemie die Schere noch weiter aufgeht

Die Corona Pandemie begleitet uns nun ca. zwei Jahre und die soziale Ungleichheit vergrößerte sich weltweit immer stärker.

Die Corona Pandemie und soziale Ungleichheit

„Corona ist eine Pandemie der Ungleichheit“ betonte der Arbeiterkammer-Experte Matthias Schnetzer in einem Interview mit der PRESSE. Die Zahlen zur Armutsgefährdung in Österreich zeigen, dass in den Jahren bis 2019 die Armut leicht abnahm. Im ersten Jahr der Pandemie, 2020, ging der Trend wieder nach oben. Im Vergleich zu 2019 sind um 60.000 mehr Menschen von Armut betroffen und landesweit leiden mehr als 1,2 Millionen Menschen unter Armut. Als armutsgefährdet werden jene Personen bezeichnet, die weniger als 60 % des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung haben.

Der Arbeitsmarkt erlebte während der Pandemie eine ziemliche Achterbahnfahrt und „fast 1,3 Millionen Menschen waren seit der Pandemie zumindest irgendwann in Kurzarbeit“ betonte Schnetzer. Viele Arbeitsplätze konnten durch die Kurzarbeit gerettet werden, jedoch haben einige ihren Arbeitsplatz verloren oder Gehälter gekürzt. Die soziale Ungleichheit wurde dadurch beschleunigt.

Die „Gewinner:innen“ in der Krise

Auf der anderen Seite sind Vermögende in dieser Zeit noch reicher geworden: Seit Anfang 2020 stieg die Zahl der Milliardäre weltweit von 660 auf 2755, und in Österreich ist die Zahl der reichsten Österreicher:innen um 15% angestiegen. Denn im Gegensatz zum Arbeitsmarkt, haben sich Aktienmärkte relativ schnell von der Krise erholt und 58% des Aktienbesitzes sind bei den reichsten 10% konzentriert. Des Weiteren stiegen die Managergehälter der ATX-Unternehmen trotz einer globalen Krise im Jahr 2020 um 4% auf durchschnittlich 1,9 Millionen Euro Jahresgage. Die Technologiebranche und der Online-Versandhandel profitierten auch vom Trend zur Digitalisierung während der Pandemie.

Wer ist von der Pandemie am stärksten betroffen?

Der IWF warnt, dass die Welt nach der Pandemie von mehr Ungleichheit betroffen sein wird als zuvor. 95 Millionen Menschen werden laut Experten zusätzlich in extreme Armut rutschen. Stadtteile und Regionen mit einer hohen Kriminalität und hoher Arbeitslosigkeit sind von Ungleichheit und Armut am stärksten Betroffen. Chelsea, Brockton Spingfield und Lawrence im US-Bundesstaat Massachusetts zählen mit ihrer hohen Armutsquote zu diesen Regionen und verzeichneten auch eine hohe Sterblichkeitsrate während der Pandemie. Die Havard University fand in einer Studie heraus, dass Armut und Corona-Todesfällen stark miteinander korrelieren. Dieser Bericht ist kein Einzelfall, denn auch in europäischen Städten wie Frankreich ist dieses Muster zu erkennen: Auch hier ist die Zahl der Todesfälle in ärmeren Regionen höher als in den übrigen Landesteilen. Aufgrund prekärer Beschäftigung und beengten Wohnverhältnissen ist Social Distancing kaum machbar. Des Weiteren ist die Bevölkerungsgesundheit und Gesundheitskompetenz in ärmeren Regionen und Stadteilen schlechter als in den übrigen Landesteilen.

Außerdem herrscht eine Geschlechterungleichheit während der Krise und von der Doppelbelastung von Homeschooling und Kinderbetreuung sind vor allem Frauen betroffen. Laut der Erhebung des Austrian Corona Panels brachten 47% der Frauen und 29% der Männer aufgrund der Situation mehr Zeit mit der Kinderbetreuung auf. Des Weiteren stellt der Arbeitskammerexperte klar, dass Frauen während des Lockdowns in Paarhaushalten mit Kindern täglich um 2,5 Stunden mehr unbezahlt beschäftigt.

Buchtipp: Pandemie und Ungleichheit von Thomas Piketty

Der französische Ökonom Thomas Piketty überlegt in seinem Buch „Pandemie und Ungleichheit“, wie Güter und Vermögen verteilt werden können, ohne dass die Demokratie vom Kapitalismus zerstört wird. Ebenso spricht er die Themen Seuchen, Krisen, Ungleichheit und die Coronapandemie an. Er weist auf die Probleme hin, die bereits vor der Pandemie vorhanden waren und mit welchen die Gesellschaft auch nach der Pandemie noch beschäftigt sein wird. Diese werden noch weiter zunehmen und betreffen Geschlechterverhältnisse, Demokratie und Staat, Wirtschaft und Arbeit, sowie Gesellschaft und den Klimawandel.

Zusammenfassung

Krisen verstärken die soziale Ungleichheit in einer Gesellschaft und auch während der Pandemie wurde die Ungleichheit vergrößert. Besonders Frauen und Menschen welche als armutsgefährdet eingestuft werden, sind besonders betroffen. Auf der anderen Seite konnten die reichsten Menschen und Unternehmen von der Krise profitieren und ihr Vermögen weiter steigern. Diese Ungleichheit ist nicht nur eine Frage der (fehlenden) Fairness, sondern führt auch zu weiteren Spannungen in der Gesellschaft, die sich auf alle Bereiche auswirkt. So weist Thomas Piketty in seinem neuen, sehr lesenswerten Buch darauf hin, welche Probleme die Gesellschaft nach der Pandemie zu bewältigen haben wird. Dazu zählt im Besonderen auch die Klima- und Umweltkrise. 




Literatur:
Szigetvari, András. 2021. Wie Corona die soziale Kluft vergrößert. Der Standard. https://www.derstandard.at/story/2000125539677/wie-corona-die-soziale-kluft-vergroessert (Zugegriffen: 01.02.2022)
Die PRESSE. 2021. AK-Experte: Corona ist eine „Pandemie der Ungleichheit“. https://www.diepresse.com/6078583/ak-experte-corona-ist-eine-pandemie-der-ungleichheit (Zugegriffen: 01.02.2022)
Piketty, Thomas. 2021. Pandemie und Ungleichheit. Ein Gespräch über die Ideologie des Kapitals. Dietz